Archiv-Sammlung Karl Lorenz |
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Gottschalk-Wegemann, Gertrud |
Pyrmont,
25. Sept., 1954 Fünf
Studierende der Staatsmusikschule Braunschweig werden Ihnen
Einblicke in einige Übungen unserer Arbeit geben. Die
Aufgaben der rhythmischen Erziehung wandeln und entwickeln sich
aus den gegebenen Situationen heraus. In
jahrelanger Tätigkeit für junge Berufsmusiker wirkend, habe ich
mit hunderten von Männern und Frauen Erfahrungen gesammelt, die
mich zu der Einsicht führten, daß es für die rhythmische
Erziehung von großer Wichtigkeit ist, sie von den Gefahren gefühlsmäßig
sich ergebener Mittel zu befreien. – Eine starre Methodik wäre
ebenso bedenklich, wie ein Verschwimmen der Einfälle im Gefühl. Die
notwendig vorauszusetzende Arbeit zur Lockerung und Beherrschung
des Körpers erfordert als Basis eine geistige Haltung,
damit Zucht, innere Ordnung und Stil erwachsen können. Für
die aus dem Krieg und Gefangenschaft zurückkehrenden jungen Männer,
welche in mein Fach -mit zum Teil ernsten gesundheitlichen Störungen-
eintraten, waren ohnehin vertiefende Übungen angemessen, um zu
innerem Ausgleich zu kommen. In
der Musik und für die Musik lebend, schufen wir darum neue
Übungen zu den bisher bekannten hinzu,- veranlaßt immer im
Hinblick auf körperliche und geistige Sicherung für die Gebiete: Gehörbildung,
musikalische Improvisation, Atmung und Kenntnis der Körperfunktion. Im
Bewußtsein, Wert und Inhalt der Übungen jederzeit begründen zu
können, erleben die Studierenden die Rhythmik als zuverlässig
gewonnenes Eigentum. Die
Ihnen heute als erste Übung gezeigte Konzentrationsformung
wollen Sie bitte nicht als etwa isoliert zu betrachtende Yoga-Übung
ansehen, wie das bei unvorbereiteter Aufnahme geschehen könnte,-
sondern gerade diese Übung als ein Zeichen für die von uns
erteilte Sinngebung annehmen. Gerade
diese und ähnliche Konzentrationsübungen stehen ganz im Dienst
der Musik, --- und geben ein Beispiel für die erlangte Höhe
eines inneren Hörens! Im
weiteren Verlauf sehen Sie sodann die Anwendung musikalischer
Mittel, -körperlich ausgeführt-, wie: Sitzweise,
Leichtigkeit, Akzente, Pausen, Verdopplungen in der Linie und
Dynamik. Dann
folgen einige Dirigierübungen als Improvisationen, zu denen wir
Sie um kleine Aufgaben bitten werden. Als
Abschluß hören Sie eine Komposition des mitwirkenden Studierenden
Rudi Konrad,- wo Sie dann zusammengefaßt das Resultat der
Vorarbeiten erkennen können. Unser
Thema lautet: Ungleiche
Werte und ungleiche Faktoren. Fünf
Studierende der Staatsmusikschule Braunschweig werden Ihnen
Einblicke in einige Übungen unserer Arbeit geben. Sie
werden selbst bald feststellen, daß wir nicht auf eine Bühne gehören,
so bitte ich Sie unsere Arbeit so zu betrachten, als würden Sie
in einen Übungsraum schauen. |