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Marie-Laure Bachmann / Reinhard Ring - Jaques-Dalcroze und sein Erbe |
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Symposium "Die Identität der Rhythmik", Biel 1996Silvia del Bianco/ Paul HilleKarl Heinrich Ehrenforth zur Rhythmik
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1935/ 1995 1935 ist Emile Jaques-Dalcroze 70 Jahre alt. Er leitet
seit zwanzig Jahren sein Institut in Genf (und wird ihm fast bis zu seinem
Tod, 15 Jahre später, vorstehen). Den zwanzig Jahren in Genf sind vier für
ihn und für uns alle bedeutungsvolle Jahre vorangegangen: die vier Jahre
nämlich, die Jaques-Dalcroze in Hellerau bei Dresden verbrachte und auf
die ich noch zurückkommen werde. Aber schon ungefähr 15 Jahre früher
hatte Jaques-Dalcroze begonnen, die Hauptzüge seiner Rhythmiklehre
herauszuarbeiten und in seinem Umkreis, in der Schweiz und im Ausland,
bekanntzumachen, hauptsächlich durch Vorführungen, Kurse, Vorträge und
einige grundlegende Aufsätze. 1935 ist die Rhythmik also schon 40jährig. Ich möchte
aus zweierlei Gründen auf dieses Jubiläum zurückkommen: I° Noch in voller Schaffenskraft und wie eh und je
auf der Suche nach Weiterentwicklung seines Werks verspürt
Jaques-Dalcroze das Bedürfnis, Bilanz zu ziehen und eine
Bestandesaufnahme der Rhythmik vorzunehmen. Ein umfangreicher Aufsatz, den
er eine “Kleine Geschichte der Rhythmik" nennt, gerät zu einer Art
Testament zu Lebzeiten. Jaques-Dalcroze selber – wir kennen ja seinen
Humor – möchte dies offensichtlich auch so verstanden wissen. Wir lesen
in der Einleitung sinngemäss: “Im
allgemeinen befassen sich die Zunft der Kritiker und das geneigte Publikum
erst nach seinem Tod mit dem Werk eines Autors. Manchmal muss der Tote
sich sogar hundert Jahre gedulden, bis man geruht, sich für sein künstlerisches
Vermächtnis zu interessieren. Heute komme ich mir, nachdem ich älter
geworden bin und jedermann das auch weiss, fast vor wie schon ein wenig
gestorben, und ich habe mich daher entschlossen, zu Ihnen über meine pädagogische
Arbeit zu sprechen. Ich hoffe damit falschen Interpretationen vorzubeugen,
mit denen pedantische Kritiker, konfuse Psychologen, ein nur oberflächlich
eingeweihtes Publikum und überhaupt alle diejenigen, die – lauter
respektable Leute – mit meinen Gedanken nicht vertraut sind und meine
Erfahrungen nicht teilen, nach meinem wirklichen Tod zweifellos nicht
sparen werden.” Wer vom Testament spricht, spricht vom Erbe! Mein
heutiges Expose bezieht sich daher hauptsächlich auf den
”Testamenttext” von Jaques-Dalcroze. 2° Aus einigen Passagen
der “Kleinen Geschichte der Rhythmik” schliesse ich mit allem Respekt,
dass sich die Rhythmik schon 1935 in einer ähnlichen Lage befand wie
heute, wo sie schon ein Jahrhundert alt ist! Sie ist schon so lange
lebendig, dass sie sich weltweit in verschiedenen Ausprägungen ausbreiten
konnte. Teils hat sie den Namen ihres Schöpfers beibehalten, teils hat
sie ihn aufgegeben oder durch den Namen neuer Interpreten ersetzt.
Rhythmik hat die Zeit – und das Zeug dazu – gehabt, in den
verschiedensten Zweigen des Bildungssystems, in Musikschulen, in öffentlichen
Schulen, in der Behindertentherapie, in den Bühnenkünsten Wurzeln zu fassen... Ein wesentlicher
Unterschied allerdings zwischen damals und heute: Jaques-Dalcroze ist 1935
noch selber tätig und kann sich selber zur Frage der Identität seines
Werks äussern. Er ist der erste –und vielleicht auch der
einzige–‚ der darunter leidet, die Eigenständigkeit seiner
Rhythmiklehre gefährdet zu sehen.
Die Kunst zu erben
Hellerau, der
“Urknall”
Natürlich hat Jaques-Dalcroze seine Rhythmiklehre
schon vor 1910 entwickelt, aber ihre Stunde hat recht eigentlich mit
Hellerau geschlagen, der Periode von 1910 bis 1914. Hellerau bedeutet den
“Urknall” für viele Schulgründungen – mit oder ohne den Namen
Jaques-Dalcroze. Von Hellerau aus haben sich Bühnenkünstler aller
Sparten aufgemacht. Nicht alle haben später bezeugt, was sie
Jaques-Dalcroze verdankten, aber alle waren sie von seinem Ideenreichtum
geprägt. Der kometenhafte Aufschwung der Rhythmik in jenen
Jahren hat in gewisser Hinsicht bewirkt, dass das Werk seinem Schöpfer
entglitt. Je weiter es den Ruhm von Jaques-Dalcroze trug, desto grösser
wurde auch die Gefahr, dass es sich in Zeit und Raum verlor.
Jaques-Dalcroze hält dazu folgendes fest: ”Ich
will ja gerne glauben, dass die Veränderungen, die mit meiner Methode
vorgehen, auf den Eifer der Unterrichtenden zurückzuführen sind,
bereichernd zu wirken. Sie stellen sich offenbar vor, sie bräuchten
einfach die Zahl der Übungen zu erhöhen, um den Unterricht reicher zu
gestalten. Wie recht hat doch aber das einleuchtende Sprichwort ‚Qui
veut trop s‘enrichir, s‘appauvrit‘!” [Deutsch –etwas
prosaischer– etwa: ‚Weniger ist manchmal mehr‘.] Wir alle hier sind gewissermassen aus der gewaltigen
Explosion von Hellerau hervorgegangene Planeten. Jeder hat ein
leuchtenderes oder ein blasseres Teilchen des ursprünglichen. Erbes
eingefangen, das sich anreichern und verwandeln konnte, wie
Jaques-Dalcroze dies schildert, um von den Generationen nach ihm
weitergereicht zu werden.
Hellerau
Die Verwässerung des Erbes
Schon 1935 hatte die Rhythmik Probleme mit ihrer
Eigenständigkeit – heute sind es nicht weniger geworden! Wir sprechen
ja inzwischen von “der Rhythmik” fast so vage wie von “der Musik”.
Eine Visitenkarte des Herrn XY, Musiker, wird uns beispielsweise nicht darüber
aufklären, ob Herr XY Jazzmusiker, klassischer Pianist, Chordirigent oder
Spezialist für Elektroakustik ist. Durchaus Ähnliches gilt auch für
Rhythmiker: Ihr Beruf wird bald im Sport, bald in der Musik bald im Tanz
und bald in der Therapie angesiedelt, aber was deckt er eigentlich genau
ab? Im romanischen und angelsächsischen Raum wird man eher über Dalcroze
sprechen als über Rhythmik, weil man mit diesem Namen eine Methode in
Verbindung bringt (wie zum Beispiel auch mit Namen wie Kodàly,
Willems, Suzuki), genauer mit der Dalcroze-Methode, die gerne auch mit den
drei pädagogischen Grundpfeilern Rhythmik - Solfège - Improvisation
gleichgesetzt wird. Aber das Namenwirrwarr genügt kaum als Erklärung für
eine gewisse Verwässerung der Rhythmikmethode, vielmehr hat der Lauf der
Zeit die Begriffe abgeschliffen. Im Lauf der Jahre und der Generationen
hat wohl jeder, der mit Rhythmik zu tun hatte, das verinnerlicht und
weitergegeben, was seiner Persönlichkeit entgegenkam, was seine Lehrer
ihm mitgaben, was an Begegnungen und auch an Hilfsmitteln zu seiner Zeit
gerade prägend wurde... Gewiss ist auch nicht auszuschliessen, dass
falsche Auffassungen sich festsetzen und weiterwirken konnten. Jedenfalls
stellen wir heute fest, dass das Erbe manchmal gerade da verarmt und
verformt ist, wo wir es eigentlich am treuesten bewahrt wähnen möchten. Wenn wir daher heute eine Beschreibung oder eine
Definition dessen lesen, was Rhythmik bedeutet, mit oder ohne den Namen
Jaques-Dalcroze, werden wir die ursprüngliche Idee zweifellos in den
meisten Fällen noch erkennen, nur: Genügt das, um uns ihrer Eigenständigkeit
zu versichern? Da heisst es dann etwa, Rhythmik sei ein Weg, um den
Menschen mit sich selber in Einklang zu bringen, und es wird dazu
gerne der folgende berühmte Ausspruch von Jaques-Dalcroze zitiert: “Am
Ende seiner Unterrichtszeit muss der Schüler imstande sein, anstelle von
‚ich weiss‘ zu sagen: ‚ich spüre, ich empfinde‘.” Genügt diese
Definition aber, um die Rhythmik klar abzusetzen von anderen neuen Strömungen,
die auch auf die Verfeinerung der Sinnenwelt, auf die Suche nach
Wohlbefinden und auf die Förderung der inneren Autonomie abzielen? Eine andere Beschreibung beschwört den berühmten
Dreiklang von Zeit Raum und Intensität, der vielen als
eigentlicher Nährboden von Rhythmik gilt. Und tatsächlich sind diese
drei Dimensionen und ihre Interaktion für die Rhythmik von entscheidender
Bedeutung. Aber sie sind es auch für den Tanz, der sich explizit darauf
bezieht, und, etwas allgemeiner, auch für jegliche Art von Unterricht,
Therapie oder Lehre, die auf Bewegung aufbauen. Genügt also diese
Definition? Und da ist weiter die Rede von der Beziehung
zwischen Musik und Bewegung. Sie berührt zwar ein Herzstück der
Rhythmik, aber es trifft sich eben, dass die meisten Tanzformen, mehr und
mehr auch das moderne Theater und Musiktheater, wie überhaupt jede Form
von Musik auf der Bühne, oft sehr überzeugend ebenfalls Musik und
Bewegung verschmelzen. Wird daraus aber Rhythmik? Meiner Ansicht nach können wir Definitionen und
Stossrichtungen von Rhythmik zusammenzählen, soviel wir wollen, ihre
Identität wird dadurch nicht solider. Denn die Eigenständigkeit der
Rhythmik äussert sich ja nicht sosehr in ihren Zielen und Inhalten,
sondern vielmehr in den Mitteln und Wegen, die zu den Zielen hinführen
und ihre Inhalte ausleuchten sollen. Und damit komme ich von Mitteln und
Wegen zurück zur Methode. Ich weiss, der Begriff ist heute
einigermassen abgenützt, und dabei bedeutet er doch gerade “den Weg,
der zu etwas hinführt”, oder “den Weg in der Richtung auf etwas
hin” oder nochmals anders gesagt die Gesamtheit dessen, was
unternommen wird, um zu einem bestimmten Ergebnis zu gelangen.
Methode und
Methoden
Jaques-Dalcroze hat selber oft von Methode gesprochen,
wenn auch manchmal mit einem gewissen Vorbehalt. Irgendwo schreibt er, auf
seine pädagogischen Bemühungen passe eigentlich besser der Begriff der
“Suche” als derjenige der “Methode”, der etwas steif klinge.
Jaques-Dalcroze kommt aber wohl oder übel immer wieder auf die
“Methode” zurück, wo immer er ihre Bedingungen sine qua non
verteidigen will. Was ihn nicht daran hindern wird, sich bis ins hohe
Alter zu freuen, wenn seine Nachfolger “neue Wege [und das heisst doch
wohl neue Methoden, ML. B.] zu entdecken suchen”, weil es seiner Ansicht
nach “im Wettlauf um Fortschritt und Freiheit die Traditionen sind, die
uns Knüppel zwischen die Beine werfen” (1942). Was er dagegen schlecht verträgt, ist die Einsicht,
Rhythmik wie er sie aufgebaut habe, werde – unter eben diesem Namen oder
schlimmstenfalls sogar unter seinem eigenen – gelinde gesagt “durch
Unverstand verfälscht”. Und was er als Verfälschung, ja als unerträgliche
Verfremdung bezeichnet, hat immer mit der Art zu tun, wie Musik
in seinem bildnerischen und erzieherischen System eingesetzt wird. So
stellt er 1935 fest: “In
Frankreich und Deutschland [inzwischen könnten wir vielleicht auch beifügen:
in der Westschweiz und in der deutschsprachigen Schweiz, ML. B.] tauchen
sogenannte Rhythmiklehren auf, die mit der meinigen in keiner Weise übereinstimmen.
Etliche verwenden Musik nur noch als Taktuntermalung, andere ersetzen sie
kurzerhand durch das Schlagzeug.” Mit anderen Worten: Man entkleide die Musik
systematisch einer ihrer vitalen Komponenten, des Rhythmus, oder aber man
reduziere Musik im Gegenteil auf diese einzige Komponente und vernachlässige
den Reichtum ihrer Melodien und Harmonien, und schon wird eine solche
Lehre – seiner Meinung nach – in nichts mehr der Dalcroze-Lehre
gleichen. Jaques-Dalcroze wird sich 1948 in seinen “Vermischten
Notizen” einerseits zwar begeistert über das polyrhythmische Erlebnis
äussern, das ein voller Maschinensaal in Hochbetrieb vermitteln kann (und
das seiner Ansicht nach eigentlich jeden Musiker begeistern sollte).
Anderseits lesen wir aber an anderer Stelle, dass “Rhythmus nur Musik
werden kann, wenn Melodie und Harmonie ihn tragen”. Im weiteren hat sich Jaques-Dalcroze früher empört
über “gewisse
Rhythmikmethoden, die den Schwung um des Schwungs willen und den Rhythmus
um des Rhythmus willen pflegen, ohne sich um die Metrik zu kümmern.” Solche Methoden können seiner Meinung nach niemals
erzieherisch genug wirken. Weshalb diese unbeugsame Einstellung? Für
Jaques-Dalcroze ist Musik ein unteilbares Ganzes, Abbild und Ausdruck des
menschlichen Körpers, den sie in idealer Weise “zu bilden und zu
erziehen vermag”. Gerade dank dem Zusammenklang aller ihrer Komponenten
spricht Musik Leib und Seele an: belebend durch ihre rhythmische Kraft,
ordnend durch die Metrik, inspirierend und richtungsweisend durch die Fülle
der Melodien und Harmonien. Musik bildet eine organisch zusammengesetzte
Einheit und ist in einzigartiger Weise fähig, die physischen und
geistigen Rhythmen des Menschen zum Ausdruck zu bringen und zu entwickeln. So
weit will Jaques-Dalcroze das einfache Wort Rhythmik verstanden wissen.
Fast muss man sich fragen, ob nicht gerade hier der Ursprung einer noch
immer fortwirkenden Ungereimtheit zu suchen ist: Rhythmus, wie
Jaques-Dalcroze ihn meint, einerseits, und Rhythmus, der eng auf eine
Abfolge von Takten oder auf ein regelmässiges Pulsieren reduziert wird,
andererseits! Könnte es sein, dass die Rhythmik gerade wegen ihres Namens
oft zu engen Auslegungen verleitet hat, die sich zwar weit und leicht
verbreitet haben, aber nur einen armen Abklatsch ihrer Möglichkeiten
bedeuten? Ich fürchte, diese Frage bejahen zu müssen... Organische
Konzeption von Musik
Jaques-Dalcroze sagt hierzu in seiner “Kleinen
Geschichte der Rhythmik”: “Rhythmus
ist ein lebendiges Element. Musik ist nicht einfach ein Aneinanderreihen
von Klängen. Sie verlangt vom Musiker die Fähigkeit zu ordnen und
aufzubauen, die von seinem inneren Gleichgewicht abhängt, von seinem Sinn
für natürliche Akzentuierung der Werte und von seinem Gespür für das
Variieren von Tempo und Gewicht.” Diese Konzeption vom lebendigen Organismus Musik hat
Jaques-Dalcroze zu seiner Methode inspiriert und ihm den Weg gezeigt, der
die für den Musizierenden grundlegenden Fähigkeiten entwickeln hilft. Er
fasst diese Konzeption wie folgt zusammen: “Soll
ein Kind musikalisch gespürig werden, muss es Musik zu hören
bekommen. Alles, was in seinem Innern den Gehörsinn weckt muss mitwirken,
damit Klangfülle und Klangfarben in sein Denken und Handeln
eingehen können.” Jaques-Dalcroze wird bis zu seinem Ende nicht müde
werden, immer wieder neue Übungen vorzuschlagen, die diesen Zielen
dienen. Es fällt auch hier wieder auf; dass es vorab Übungen sind (z.B.
Gehen – Stehenbleiben im Wechsel, Verfeinern der Körperbewegungen,
Koordination und Auflösung, Hören und Sehen reaktionsfähiger machen,
Anpassen von Bewegung an den Raum usw.), die dem Einsatz der Kräfte
beim Spielen eines Musikinstrumentes nachempfunden sind. Ein Instrument spielen heisst ja in der Tat jederzeit
spielen und unterbrechen können, Nuancen und Tempo des Spiels variieren,
leicht von einer Bewegung zu einer andern übergehen, Haltung und
Handgriffe koordinieren, gedanklich und körperlich die nächste Note, die
nächste Phrase der Partitur vorausplanen. In der Rhythmik hingegen bildet der ganze Körner
das Instrument. Die improvisierte oder interpretierte Musik des Lehrers
wird zur lebendigen Partitur, auf die der Schüler seine
Bewegungen, sein Gehör und seine Gedanken einstellen muss! “Dank
der Rhythmikübungen”, sagt Jaques-Dalcroze, “erleben die Kinder nun
einen engen Kontakt zur Musik. Sie spüren sie lebendig in ihrem Innern,
weil ihr lebendiger Körper mit im Spiel ist.” Das Kernstück
des Dalcroze-Erbes
Und wie steht es nun mit der Rhythmik, die ja nicht
Musikunterricht ist, sondern erzieherische Ziele bei Kindern im
Kindergarten- und Grundschulalter oder zu therapeutischen Zwecken umsetzen
will? Auch auf diese Frage gibt die “Kleine Geschichte der
Rhythmik” mit einem einzigen harmlosen Sätzlein eine bedeutsame
Antwort: “In
Hellerau habe ich erfahren können, welchen Einfluss meine Methode auf die
Erziehung im allgemeinen hat.” “Einfluss auf Erziehung und Entwicklung” bekommt
in diesem Satz fast mehr Gewicht als “meine Methode”. Nun, mit seiner
Methode hat Jaques-Dalcroze von jeher eindeutig einem obersten Ziel
gedient: das Kind zur Musik hinführen; eine allgemeine Erziehungsmethode
war nicht gemeint. Aber ganz unter der Hand hat das Hauptanliegen, die Förderung
der Musikalität, andere wesentliche Entwicklungsmöglichkeiten zutage gefördert:
motorische Wendigkeit, psychomotorische Fähigkeiten, Konzentrations-vermögen,
Gedächtnis, Achtsamkeit, Phantasie... Sie kennen die Liste so gut wie
ich. Jaques-Dalcroze weiss auch, weshalb: “(...)
weil Rhythmik den inneren Rhythmus des Menschen anspricht, weil sie
befreiend auf das Muskel- und das Nervensystem des Kindes einwirkt weil
sie ihm hilft, Widerstände, Blockierungen und Hemmungen zu lösen, und
weil sie Körpergefühl und Gedankenwelt in Einklang zu bringen vermag.” Wo immer wir heute in unserer praktischen Arbeit
stehen und welches unsere aktuellen Neigungen sein mögen – wenn wir
auch für alles Bereichernde offen bleiben wollen, das andere Strömungen
haben können, und durchaus eingedenk dessen, dass die Welt, in der wir
leben, unsere ständige Bereitschaft fordert, uns auf sie einzustellen:
Ich glaube, wir kommen nicht darum herum, uns auf das allerinnerste Kernstück
des Dalcroze-Erbes zurückzubesinnen. Dann werden wir uns vielleicht eines
Tages die Definition von Rhythmik zu unserer eigenen machen können, die
uns Jaques-Dalcroze schon 1935 hinterlassen hat: Rhythmik bedeutet ”(...)
eine besondere Methode zum Aufspüren der angeborenen natürlichen
Kräfte des Schülers; Entwickeln seiner vitalen Rhythmen; Harmonisieren
von Körper und Geist; Verfeinern der Sensibilität; Bewirken,
dass die Schüler offener, reger, lebendiger, unternehmens-lustiger
werden; Beleben ihrer Phantasie. Und all dies [und
wir sind hier mitten im Herzstück der Methode, ML. B.] dank der
Musik, der einzigen Kunst, die es schafft, das Individuum zu
beleben und gleichzeitig die Zeichen seiner Persönlichkeit in geordneten
Bahnen zum Blühen zu bringen.”
Schlußfolgerungen
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Symposium in Biel 6./7. 12. 1996: Die Identität der Rhythmik im Spannungsfeld der bildungspolitischen Diskussion. Die Texte von Marie-Laure Bachmann (kursiv) und Reinhard Ring (Standardschrift) wurden abwechselnd vorgetragen.
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