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Karin Jehrlander - Fünfertakte |
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Karl Heinrich Ehrenforth zur Rhythmik
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Ich habe ein ungewöhnliches Hobby. Andere Leute sammeln Briefmarken, alte Münzen, Porzellanhündchen oder
ähnliches. Ich sammele Musikstücke im Fünfertakt. Die sind selten genug und das reicht als Anreiz. 5er-Takt, gibt es das, sagen Schüler oft, wenn sie dieses Taktzeichen zum ersten mal sehen. Es ist in der Tat ein wenig fremd und man hört 5er Musik nicht so oft. Die meisten von uns haben 5 Finger an jeder Hand, so sollte es nicht so schwierig sein, Musik im 5er Takt zu spielen. Doch die Wahrheit ist, dass der 5er Takt den meisten gegen den Strich geht. Das häufigste Problem scheint in der Tendenz zu stecken, den letzten Schlag des Taktes zu verlängern, so dass er zu einem 6er Takt wird. Über die ganze Welt verbreitet ist es, dass der Puls in Einheiten von jeweils zwei oder drei Schlägen gruppiert wird. Man hat herausgefunden, dass selbst, wenn alle Schläge gleich stark gespielt werden, die Hörer die Musik dennoch in 2er und 3er Takte aufteilen. Der Verstand möchte 2er oder 3er Aufteilungen hören. Das scheint ein menschliche Eigenschaft zu sein. Jedenfalls wirkt der 5er Takt durch seine Seltenheit ungewöhnlich und aufregend. Es gibt zwei gebräuchliche Typen von 5er-Takten, 3+2 und 2+3. Von diesen scheint 3+2 verbreiteter. Er kann wie ein Hinkender wirken. Der starke Akzent, also der erste Schlag entspricht dem Schritt mit dem gesunden Bein auf das man mehr Gewicht setzt. Mit dem anderen geht man kürzer und mit weniger Gewicht.
Der andere 5er-Takt: 2+3, hat einen völlig anderen Charakter. Er bewegt sich eher wie eine Schlange, als wie ein Hinkender. Manchmal wankt und schwankt er, so dass man ständig das Gefühl hat umzukippen.
Der siebte Satz, "Neptun", steht im 5/4 Takt, das ist jedoch ziemlich schwierig zu entdecken ohne die Partitur vor sich zu haben. Der Französische Komponist, Claude Bolinger, zählt zur "E-Musik", häufig findet man seine Platten jedoch unter Jazz. Persönlich denke ich, dass seine Musik weder nach E noch nach U gehört. Man könnte sie vielleicht zur "leichten Muse" zählen. Jedenfalls hat er eine Suite für Flöte und Jazzpiano geschrieben, die eine "Javanaise" im 5/4 enthält, die mit großem Spaß zu spielen ist. Die Begleitung steht in diesem Rhythmus: Boliger liebt offensichtlich 5er Takte. Von ihm stammt eine "Picnic Suite", die ein Stück für Gitarre und Flöte in einem langsamen 5/4 Takt enthält. Moondog (Louis Harden) nennt sich ein ziemlich exzentrischer amerikanischer Komponist. In den Plattenläden ist seine Musik gewöhnlich in der sonderbaren Kategorie "Alternative Musik" eingeordnet. Moondog hat eine Vorliebe für ungewöhnliche Taktarten. Er hat zu viele Stücke im 5er Takt geschrieben, um sie hier alle zu erwähnen. Sein "Musical Theme" und viele seiner 26 "Rounds" und "Canons" stehen in der Taktart. Er benutzt sie auch im ersten Satz seiner Ballettmusik "The Witch of Endor", die er für Martha Graham schrieb. Einer der in England am meisten gefeierten Komponisten ist zur Zeit Michael Nyman. Ursprünglich hatte er eine Karriere als Musikwissenschaftler geplant, er wurde jedoch immer mehr zum vielbegehrten Theater- und Filmkomponisten. Seine "minimal music" ist eindeutig von historischer Musik inspiriert. (Nyman forschte unter anderem über die Aufführungspraxis der Musik des 17. Jahrhunderts.) Seine Musik klingt nach Barock, hat aber gleichzeitig den energischen Puls der Rockmusik. Obwohl
die meiste seiner Musik in einem stetigen 4/4 abläuft, hat Nyman auch mit
unterschiedlichen Taktarten experimentiert. In seinem zweiten
Streichquartett gibt es ein 5er Takt-Stück im minimalistischen Stil. "Hambo in 5/4" heißt ein Chorstück des dänischen Jazzgeigers Svend Asmundssen. Man kann die Partitur bekommen.
Nebenbei entdeckten und beschrieben bulgarische Musikwissenschaftler als erstes asymmetrische Taktarten. Daher werden sie manchmal auch bulgarische Rhythmen genannt. 5er Takte sind ebenso bekannt in der rumänischen Volksmusik. In Ungarn und Nordost-Polen kann man nur gelegentlich 5er Takte finden. Das gleiche gilt für Griechenland, in dem sich einige 5er-Tänze finden, von denen der Tsakonikos der bekannteste ist. Lieder im 5er Takt scheinen in der Türkei sehr verbreitet zu sein. Wenigstens sind in dem Kinderliederbuch, das ich besitze, einige zu finden. Es lässt sich jedoch auch Volksmusik im 5er Takt finden, die für Schweden viel näher liegt. Die Musik der Samen (der Lappen) ist bis heute noch recht unbekannt. Ein großer Teil der Juoigos-Gesänge der Samen stehen in zusammengesetzten Taktarten. Die meisten Juoigos enthalten kurze Melodiephrasen, die immerzu wiederholt werden. Gewöhnlich werden sie mit einer sanften, fast murmelnder Stimme gesungen. In der Regel werden die Texte auf sich wiederholende Silben improvisiert. Moderne skandinavische Komponisten verwenden manchmal Juoigos in ihren in ihren Kompositionen. Gunnar Hahn hat 5er-Takt-Juoigos in der ersten Hälfte seines Chorstückes "Rondo laponico" verwendet. In Finnland kann man eine epische Melodieform finden, die Runenlieder, viele davon im 5/4 Takt. Die beliebteste ist das Kalewala-Lied "Marjatan poika" (Der Sohn der Jungfrau Maria). Hier ist eine andere reizvolle und typische Runenmelodie: In Schweden stehen die meisten Volksmusikstücke im 3/4 Takt. Es gibt ein einziges schwedisches Volkslied im 5/4 Takt. Der Legende nach wurde es von fünf Schmieden geschrieben, die zusammen arbeiteten. Sie erfanden das Lied, damit es ihnen half, den richtigen Rhythmus zu finden, wenn sie sich beim Schlagen mit ihren Hämmern abwechselten. Das Lied heißt "En gång i min ungdom" (Einst in meiner Jugend). Neben den obigen Beispielen muß man auch die vielen Etüden im 5er-Takt erwähnen, die in der pädagogischen Literatur zu finden sind. Besonders Rhythmiklehrer lieben es, Musik im 5er Takt zu schreiben. Ich habe mich manchmal gefragt, warum Rhythmiklehrer sich so auf zusammengesetzte Taktarten konzentrieren. Warum verbringen wir so viel Zeit damit, eine so ungebräuchliche Taktart zu beherrschen? Ich habe dafür nicht wirklich eine Antwort in der Rhythmikliteratur gefunden. Aber ich vermute, dass, wenn man lernt, einen gleichmäßigen Schlag durchzuhalten, selbst wenn die Schläge unterschiedliche Länge haben, wie in einem schnellen 5/8, oder wenn die Entfernung zwischen den betonten Schlägen variiert, wird man eine größere Sicherheit für den Schlag entwickeln. Dies hilft auch dabei, in gewöhnlichen Taktarten den Takt zu halten. Wenn man ein passendes Stück im 5/4 Takt findet, warum schreibt man es nicht selbst? Es ist nicht schwierig im 5/4 Takt zu schreiben. Blues zum Beispiel klingt gewöhnlich gut im 5/4 Takt. Oder man nimmt einen Tanz im 3/4 Takt, wie Walzer, Polonaise oder Mazurka, und lässt jeden zweiten Takt einen Schlag weg. Dadurch bekommt man die Wirkung von fünf Schlägen eines Taktes. Wie man sehen kann, sind viele obige Beispielen Tänze. Eine gute Übung für Schüler ist es, ein bekanntes Lied in einen 5er Takt umzuschreiben. Nun, jetzt habe ich meine Sammlung an 5er-Takten vorgestellt. Ich vermute, dass es noch einige andere Rhythmiklehrer gibt, die ebenso Stücke in ungewöhnlichen Taktarten sammeln. Wenn das der Fall ist, wäre es schön, wenn Sie an movimento schreiben könnten. Vielleicht möchte jemand darüber demnächst berichten? *** |
Karin Jehrlander studierte an der "Kungliga Musikhögskolan" in Stockholm Rhythmik (Diplom 1989), außerdem Musikwissenschaft und Psychologie an der Universität Uppsala. Heute lebt sie in Huddinge, 20 Kilometer südlich von Stockholm. Dort unterrichtet sie mit einer ganzen Stelle an der Musikschule. Sie arbeitet ehrenamtlich im Vorstand des Schwedischen Rhythmikverbandes (Svenska Rytmiklärarförbundet Dalcroze, SRD) |